Karl Marx zum 200. Geburtstag (Hickel, 2.5.2018)

Einladung zur kritischen Suchbewegung

Mittwoch, 2. Mai 2018, um 19:30 Uhr
Im Gästehaus der Universität Bremen. Teerhof

Karl Marx zum 200. Geburtstag
Seine Kapitalismuskritik zu verstehen, lohnt!

Vortrag und Gespräch mit
Prof. Dr. Rudolf Hickel

Verehrte Empfänger unserer Einladungen,
liebe Freunde Kritischer Suchbewegungen!

Im September letzten Jahres ist der erste Band „Das Ka­pital“ –  von Karl Marx „dem Bürger an den Kopf geworfene furchtbarste Mis­sile“ – im Hamburger Verleger Otto Meissner erschienen.  Am 5. Mai 2018 jährt sich der 200ste Geburtstag von Karl Marx. Die beiden Anlässe haben viele Diskussionen auch in der Wirtschaftswissenschaft über die Frage ausgelöst: Lohnt es sich, seine Kapitalismuskritik zu studieren?

In der Gründungsphase der Universität Bremen war die Antwort selbstver­ständlich. Im offiziellen Studienbetrieb wurde seine „Anatomie des Kapitalis­mus“, mit der zugleich die herrschaftsfixierte und marktfundamentalistische Vulgärökonomie kritisiert wurde, nahezu bibelhaft rezipiert. Hinzu kamen die Kapital-Lesezirkel sowie die missionarische, völlig kritiklose Vereinnahmung durch die damaligen K-Gruppen. Dieser Marx-Hype, der der Uni Bremen das Etikett „rote Kaderschmiede“ eingebracht hat, ist längst in sich zusammenge­brochen. Aus den offiziellen Lehrplänen gerade auch im Bereich des Ökonomie­studiums sind die Marx-Seminare und Projektveranstaltungen komplett gestri­chen. Die Debatte findet heute außerhalb der offiziellen Lehre in den Medien und in politisch interessierten Zirkeln statt. Heute wird die Marx-Rezeption durch die Ahnung, viele aktuelle Herausforderungen an die Ökonomie und Ge­sellschaft ließen sich mit seiner Analyse besser verstehen, forciert. Als Trieb­kräfte der Marx-Rückbesinnung wirken reale Herausforderungen: Die Warenge­sellschaft, in der der Tauschwert als Transportmittel der Profiterzielung dient, basiert auf der Abhängigkeit der Lohnarbeit vom unternehmerischen Investitionsmonopol. Heute zeigen sich subtile Formen der Ausbeutung in dem Zwang, prekäre, nicht existenzsichernde Erwerbsarbeit annehmen zu müssen. Auch die jüngste Finanzmarktkrise führt zur Erinnerung an den dritten Band „Das Kapi­tal“. Dort wird nämlich gezeigt, wie auf der Jagd nach Profitabilität die Illusion von der Geldvermehrung ohne real-ökonomische Wertbasis einen Kollaps an­fälligen Kasinokapitalismus schafft. Es geht um die Frage nach der Urgewalt der Entwicklung der Produktivkräfte gegenüber den Produktionsverhältnissen. Schließlich geißelt Marx die Nutzung der „Natur“ als kostensparende „Gratis­produktivkraft“ durch die Profitmacher. Aber auch die Vernachlässigung der ökologischen Destruktivkräfte in seinem Werk gilt es zu beleuchten.

Mit diesem Vortrag wird versucht, die Basistheorie zur Warengesellschaft zu durchleuchten und die Aktualität der Marx-Anatomie zu erfassen. Dazu gehört auch die Kontroverse über den „tendenziellen Fall der Profitrate“ und die Ge­genwirkungen. Hier wird deutlich, dass Marx die endogenen Gegenbewe­gungen wie die Schaffung eines Tarifvertragssystems, den Einsatz des Sozial­staats, Regulierungen gegen die systemisch wirkende Finanzmarktkrise und den ökologischen Umbau (Ausstieg aus der Atomenergie) unterschätzt hat. Schließ­lich geht es auch um die Demontage des „Säulenheiligen“ Karl Marx, der im Wi­derspruch zu seiner Analyse zur Rechtfertigung der real existierenden sozia­listisch- kommunistischen Systeme missbraucht worden ist.

Die entscheidende Frage konzentriert sich auf die von Marx entwickelte Theo­rie zur relevanten Erklärung des heute finanzmarktgetriebenen Kapitalismus, der Internationalisierung der Wirtschaft, aber auch der Ursachen und Folgen der Umweltkrise.

Über unseren Referenten:

Seit 1974 Professor für Politische Ökonomie mit dem Schwerpunkt Öffentliche Finanzen und seit 1993 Leiter des Instituts für Finanzwissenschaft an der Universität Bremen; aktive Beteiligung am Aufbau der Universität sowie des Studiengangs Wirtschaftswissenschaft. 2001-2009 Direktor des Instituts für Arbeit und Wirtschaft (IAW) der Universität Bremen, seit 2010 Forschungsleiter für „Wirtschaft und Finanzen“ am IAW.

Rudolf Hickel gilt als einer der bedeutendsten Wirtschaftsexperten der Gegenwart. Er ist Mitherausgeber der „Blätter für deutsche und internationale Politik“, Mitbegründer der Arbeitsgruppe „Alternative Wirtschaftspolitik“ und wissenschaftlicher Beirat von Attac. Er schreibt u.a. im „Handelsblatt“, in der „Süddeutschen Zeitung“ und im „Weser Kurier“. Letzte selbständige Veröffentlichungen: „Kassensturz – Sieben Gründe für eine andere Wirtschaftspolitik“ (2006) und „Zerschlagt die Banken. Zivilisiert die Finanzmärkte“ (2012).

Herzliche Einladung!

Mit freundlichen Grüßen
Gert Sautermeister und Gerhard Vinnai